l e b e n s w e i s e
Todesangst - schnell dahingesagt, aber....
feuerlibelle, So, 27. Jan. 2013, 14:01
was ist todesangst wirklich und wie entsteht dieses empfinden –
alles fragen, die man nicht imstande ist zügig zu beantworten.



vor allem: woher wollen wir überhaupt wissen, dass unsere urängste der todesangst gleichzusetzen sind – und warum nehmen wir als sicher an, dass alles so schrecklich schmerzhaft sein wird?
kann es sein, dass manchmal die phantasie in uns durchgeht?

bin am grübeln....

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marion, Mo, 28. Jan. 2013, 00:09
aus pseudowissenschaftlicher sicht betrachtet dient todesangst der lebenserhaltung, die kräfte werden noch einmal mobilisiert um davonzulaufen...

...als mein kind heute nicht einschlafen konnte hatten wir einen kurzen dialog
"Mama, wenn ich sterbe musst du ratti mir begraben.-
Ratti, willst du in ein Rattengrab oder mit mir begraben werden, wenn du gestorben bist? -ich will immer bei dir bleiben"
"Ja selbstverständlich, ihr beide bleibt immer zusammen"

Da ist noch nicht viel von Todesangst zu spüren. Wann sie kommt weiß ich nicht.


Als ich mal meinen Vater ins Spital begleitete, sagte der diensthabende Mediziner, mein Vater müsse jetzt mal ans sterben denken. Ich war schockiert. Nur weil man im Spital nicht mehr behandeln will wenn es zu aufwändig wird, darf man so etwas nicht sagen. Und dann noch so ein ahnungsloser jungspund mit bißchen studium. Eine Frechheit, man kann nicht von sterbenskranken Menschen verlangen sie sollen loslassen und ans sterben denken, es ist einzig sinnvoll ans Leben zu denken. Das andere ist neumodischer Quatsch. Mein Vater ging damals einfach am nächsten Tag zum nächsten Arzt. Er beschäftigte sich nicht mit Todesangst, nur mit dem Wunsch so lange zu leben wie es nur möglich war.

derart anmassende äußerungen eines mediziners sind skandalös,– unglaublich. ich hätte mich mit sicherheit lautstark beschwert. leider gibt es immer ein paar schwarze schafe, die mit ihrem fehlverhalten das ansehen eines ganzen berufsstandes schädigen....

ich erzähle ihnen jetzt, was ich vorige woche erlebt habe:
ich stehe im warteraum einer fachärztin, gehe auf und ab, gehe an sitzenden jugendlichen vorbei, da sagt die eine junge dame zu ihrer freundin: "...ich habe todesängste ausgestanden, war schweißgebadet und als er mich dann endlich geküsst und seine hände meine haare berührt haben, sind mir die tränen runtergekullert. wir haben uns wieder versöhnt...." die freundin sitzt regungslos daneben, auf einmal schreit sie laut: "so ein schwein, na warte", springt auf und verschwindet beim ausgang....
waren da wirklich auch todesängste im spiel, oder ...?

todesängste? wohl eher wichtigmacherei und ein fall von file under: blöde sprüche.

todesangst ist was anderes, glauben sie mir.

was ich aber überhaupt nicht leiden kann, ist, wenn ernsthafte situationen oder zustände zu seichten redewendungen missbraucht werden. so zu beispiel auch das blöde spielchen mit dem begriff todesangst.
und liebeskummer mit todesangst zu vergleichen, ist mehr als verrückt. sind alle nur hosenscheißer...

ich habe meine freundin hani bis zu ihrem tod begleitet und wir haben sehr offen über gefühle, empfindungen und angst vor dem tod gesprochen. ein jahr lang, jeden tag. in der zeit konnte ich viele eindrücke und ausgesprochene gedanken einer todgeweihten sammeln. todesangst hat sie nie verspürt. nur schmerzen, unter denen sie so sehr gelitten hat, wollte sie gelindert haben. sonst nix.

sie haben recht. man muss es aber manchmal auch so sehen: diesen kleinen scheissern ist im leben noch nix passiert. für die ist sowas tatsächlich ein drama unvorstellbaren ausmasses.

ich hab ja auch schon einiges erlebt, selber und mit anderen zusammen. deshalb bekommen menschen wie wir bei solchen wortwahlen einen ziemlich üblen geschmack im mund, geht mir regelmässig genauso.
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feuerlibelle, Mo, 28. Jan. 2013, 11:40
ein turmfalke hat die harmonische vogel-mensch-sonntagsruhe gestört und uns alle (fünf amseln, drei kohlmeisen, einen grünkfink, zwei lästige stadttauben - außen und meine wenigkeit innen) in schrecken versetzt, als er überfallsartig aus der luft eine glückliche amselgruppe angreift...

charly, der schmeichelboy der amselfamilie, der mir die süßen rosinen aus der hand gepickt hat, lebt nicht mehr.
die todesangst in seinen großen aufgerissenen augen war nicht zu übersehen: er hat sich tapfer gewehrt, gerufen und um sich geschlagen, aber der falke, der charlymörder, war in hochform und hat den armen in eine enge ecke getrieben, aus der es kein entkommen mehr gab.



nach einer halben minute war alles vorbei.

durch das öffnen der terrassentür wurde der turmfalke mit schwarzgrauen federn im schnabel, aufgeschreckt und flog davon.
heute vormittag hat die hinterbliebene amselgruppe den tatort vorsichtig inspiziert und quasi mahnwache gehalten. das bild der vier nebeneinanderstehenden amseln hat mich innerlich sehr berührt.

oh weh, das schmerzt. obwohl wir ja wissen dass die turmfalken gerade jetzt kein leichtes leben haben, und sie müssen ja auch was zu futtern haben. aber es sollte eben keine tiere treffen die wir selber kennen.

hier ist in der voliere bei den zebrafinken immer noch nach-silvesterliches trauern angesagt. die kleinen scheisserchen sind einfach unglaublich sozial. dass vögel trauern können, und wie sehr, merkt man in solchen fällen so unmittelbar. und wie lange die kleinen mit so einem erlebnis zu kämpfen haben.

ihr nach-silvesterbericht hat mich ebenfalls berührt und ja, die idioten sind völlig daneben.
nun tiere sind genauso lebewesen wie menschen und ich bin mir nicht so sicher, ob der mensch tiefer empfinden kann als das tier. das trauern bei tieren beobachte ich, seit ich den garten habe - dort fällt es mir besonders auf, weil die art der zusammenkunft nach dem tod eines angehörigen einzigartig ist...
innigen gruß an ihre zebrafinken.
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siria, Do, 31. Jan. 2013, 00:05
Aus meiner Sicht heraus würde ich Todesangst nicht mit den Urängsten gleich setzen.
Todesangst ist für mich dieser kurzzeitige Adrenalinschub in einer lebensbedrohlichen Situation. Er ist wohl von unserem Körper so eingerichtet, damit er alle Reserven mobilisieren soll, die uns aus dieser Situation heraushelfen könnten.-Bei einem Autounfall habe ich das erlebt, dass neben dem Angstschock gleichzeitig eine ruhige Klarheit herrschte - wie Doping und Beruhigungsmittel zusammen.

Urängste sind für mich eher die lantenten Ängste, beispielsweise vorm Verlassenwerden, vor unbekannten Situationen, auch vor möglicherweise gefährlichen Menschen und Tieren und vor Schmerzen.
(Diese Ängste müssen gar nicht unbedingt real sein. Sie können auch ein Echo von realen Gefährdungen in einer sehr fernen Vergangenheit sein. Beispielsweise ist die Spinnenphobie weit verbreitet, obwohl wir doch hierzulande gar keine tödlichen Spinnenbisse zu befürchten haben. Aber vielleicht war das mal ganz anders.)

Ich bin mir nicht sicher, ob alle Menschen wirklich Angst vor dem Tode haben, oder nur vor den Schmerzen, die dem Sterben vorangehen könnten. Wenn ich in mich hineinfrage, trifft das Zweite auf mich zu. Mein Kopf weiß, dass ich irgendwann sterben werde. Aber mein Herz hofft, dass es möglichst sanft geschehen möge.
Schweres Thema, über das man viel differenzierter sprechen müsste...
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