das zentrale problem ist bekannt: eine wiederheirat nach einer scheidung gilt in der katholischen lehre als sünde.
eine diskussion darüber wurde losgetreten, alle wollen mitreden und ein urteil über eine handlung abgeben, die sie überhaupt nichts angeht.
die großartige ankündigung, geschiedenen katholiken nach erneuter heirat nicht mehr grundsätzlich die kommunion und andere sakramente zu verwehren, sie nicht kategorisch vom kirchlichen leben und kirchlichen ämtern auszuschließen, wird wahrscheinlich ein frommer wunsch bleiben....
und jetzt frage ich: was ist hier sünde?
eine von gewalt geprägte ehe wird nach zehn jahren endlich geschieden, die expartnerin braucht jahre bis die, an ihrer seele zugefügten blutergüsse verblassen. sie sehnt sich nach frieden und liebe und jahre später begegnet sie ihrem lebensmenschen, den sie nach reiflicher überlegung auch heiratet. seither ist sie der glücklichste mensch. aber das interessiert die kirche nicht mehr....
so ein heuchlerverein!
Es wird sich bei all dem viel auf die Bibel berufen, aber mir fällt immer wieder auf, wie selektiv das geschieht. Würde man jede kleine Notiz und Lebensregel beachten, die in der Bibel festgehalten ist, dann käme man um grobe Grausamkeiten nicht herum (beispielsweise das Züchtigen des eigenen Nachwuchses). Das macht aber heute keiner mehr, und daraus lässt sich dann nur schließen, dass es überhaupt nicht mehr um biblische Vorschriften geht (die man ja auch in vielerlei Hinsicht zu Recht als symbolisch oder überholt begreift), sondern wirklich um ganz eiskalte Machtinteressen. Da ist wenig Raum für Illusion.
Sollte Papst Franziskus das tatsächlich durchsetzen können, dann ist das ein Fortschritt für alle Gläubigen, die sich zwischen ihrer Lebenswirklichkeit und überalteten Vorschriften aufgerieben fühlen. Sie möchten ja ihren Glauben leben, aber so, dass er ihnen als Menschen gerecht wird. Das jedoch ist insbesondere in konservativen Kreisen als Anpassung an den Zeitgeist verpönt, und es gibt zahlreiche Stimmen, die sich ganz dringend den alten Knochen Benedikt zurückwünschen, weil der "noch wusste, was sich gehört".
aber, es gibt auch einige ausnahmen - die echt zum kotzen sind. ich kenne drei fälle, der eine davon ist: wenn man genug geld hat und vielleicht auch noch prominent ist oder es handelt sich um eine gewichtige politische persönlichkeit – dann kann der vatikan die erste ehe annumieren. (kann, muss aber nicht). wenn man wenig geld hat dafür aber guten draht zu kirche, dann gehts auch, ist aber mit längerer wartezeit verbunden....
und wenn man weder geld noch beziehungen (anschieber) hat, dann kann man zwar einen annulierungsantrag stellen, dieser wird aber aus mindestens fünf gründen abgelehnt.
so ist das leben..... :-))
Sie meinen, eine neue Kirche/Religionsgemeinschaft zu gründen? ;)
(Es war übrigens Heinrich VIII.)
Wenn ich mir meine Heimatkirchengemeinde so ansehe, in der keineswegs alles rund läuft und die durchaus mit "Personalproblemen" zu kämpfen hat, dann werden dort alle Kirchenbesucher die Kommunion empfangen. Es fragt ja schließlich keiner nach: "Sind Sie denn schon mal geschieden worden?"
Und selbst meine Mutter, die aufgrund ihrer Chemotherapie-bedingten Haarlosigkeit Kopftuch trug, wurde zwar kurz mit einem schrägen Blick bedacht, bekam aber dennoch die Kommunion.
Derartige Ausschlüsse gibt es wohl nur auf dem Papier. Im "wirklichen" Leben ist wohl jede Pfarre froh, wenn sich irgendjemand aktiv ins Pfarrleben einbringen möchte, egal, ob geschieden oder nicht. Danach fragt dann keiner.
Sünde ist für die katholische Kirche immer nur das, was diejenigen tun, die nicht in ihrem engsten Verein sind. Selbst bricht die Kirche alle Gebote und Gesetze und wird immer durch arschkiechende erzkatholische Politiker gedeckt.
Ich denke nicht, daß ein Gott (wenn es ihn wirkilich geben sollte) unterscheidet, ob jemand katholisch, moslemisch, jüdisch, sonstwas oder gar nichts ist.
Verdammte Heuchlerbande!
im prinzip trifft aber das, was auf die katholische kirche und ihre satzungen zutrifft, leider auch auf andere weltreligionen zu. der grund dafür ist wohl darin zu suchen, dass man ursprünglich versuchte, mit psychologischen mitteln ordnung zu schaffen, und imaginäre strafen in aussicht stellte: "wenn du deinen bruder totschlägst, kommst du für ewig in die hölle!" und so weiter.
wenn das nichts nutzte, schlug man mördern eben staatlicherseits den kopf ab.
und dann haben viele menschen daran gearbeitet, all diese an sich ja wundervollen ideen in schriftlicher form festzuhalten: "du sollst vater und mutter ehren" ist ja so eine, da ging es wohl weniger um die ehre als mehr um die altersversorgung, und so weiter und so fort, bis zu den rituellen waschungen im islam, die ja per se auch eine gute sache sind, so wie "kein schweinefleisch" etc.. nur wenn solche grunsätzlich guten dinge von grundsätzlich schlechten menschen zum dogma erhoben und dann zur machterhaltung benutzt werden, geht alles schief.
dass einige "glaubensorganisationen" - natürlich mit einigen sehr wohltuenden ausnahmen - von diesem stockerl nicht herunterkommen schadet sowohl den jeweiligen organisationen als auch den menschen, die sie eigentlich beschützen und leiten sollten.
grundsätzlich finde ich das sehr traurig. aber wie heinrich böll seinen hans schnier schon in den ansichten eines clowns sagen liess, ich halte das so: "gottgläubig, aber keiner kirche steuerpflichtig."
wenn es nämlich ein "lieber gott" ist, dann ist es ihm ganz egal wie ich mit ihm rede, und wann, und wo. und wenn er allwissend ist, wird er auch wissen was ich warum wann getan habe. und wenn er das alles nicht ist, warum soll ich mich an vorschriften halten, von denen irgendjemand vor ein paar hundert oder tausend jahren behauptet hat, gott habe ihm das offenbart, und dann hat man diese geschichten weitergetragen und -erzählt, und nach all der menschlichen entwicklung und all den übersetzungen und interpretationen versteht sowieso keiner mehr was gemeint war, aber gelten tut das alles immer noch 1:1?
speziell die katholische kirche sollte erst einmal vor den eigenen türen kehren bezüglich sünde und sühne, dann wäre wohl lange zeit ruhe im karton.
dazu fällt mir folgende geschichte ein:
auf einladung des apostolischen nuntius xyz gab es ein kirchliches großereignis, an dem auch die eltern meines mannes als ehrengäste teilgenommen haben. es war ursprünglich so geplant, dass auch ihre kinder mit ehepartnern dem päpstlichen botschafter vorgestellt werden. im vorfeld ist zwischen dem schwiegervater und meiner wenigkeit eine hitzige debatte entstanden, weil ich mich geweigert habe in das empfangsgsprogramm eingebunden zu werden. ich kann doch nicht zulassen, dass der nuntius einer wiederverheirateten geschiedenen sünderin die hand schüttelt, dann müsste ich ihm was sagen. der schwiegervater meinte dazu: es braucht ja keiner wissen, dass ihr geschieden seid.|| er war auch nur ein heuchler.
wir sind dem empfang ferngeblieben und dass ich damals so standhaft geblieben bin, darauf bin ich heute noch stolz.
in österreichs kirchlichen einrichtungen werden wiederverheiratete geschiedene nur befristet geduldet. hinter den scheinheiligen kulissen geht es allerdings drunter und drüber, was natürlich erwartungsgemäß in abrede gestellt wird. eine schlangengruge im wahrsten sinne des wortes....
ich persönlich habe mit meinem stand kein problem, weil ich mir von niemandem etwas verbieten lasse und von der kirche schon gar nicht. sorgen mache ich mir aber um labile seelen, die sich aufgrund ihrer religiösen erziehung jetzt völlig verraten und verstossen fühlen.
Sozial engagierte, tolerante Menschen sind mir immer lieb, egal, ob sie sich zu einem Glauben bekennen oder nicht.
Da geht es mir ähnlich wie Ihnen, ich bin Atheistin. Da könnte man natürlich unterstellen, ich hätte keine Ahnung und daher auch kein Recht, mitzudiskutieren (das ist mir im Gespräch mit strenggläubigen Kirchenmitgliedern schon geschehen), aber meine evangelische Erziehung inklusive Konfirmation und Freiwilligenarbeit, kombiniert mit neun Jahren katholischer Klosterschule (bezeichnenderweise bei den Franziskanern) ist schon ein gutes Fundament zum Diskutieren. Deshalb würde ich an Ihrer Stelle auch nicht sagen, dass Sie kein Recht zur Kritik haben. Man kann sich einem Thema von verschiedenen Seiten nähern. Und ihrem Schlusssatz kann ich mich nur anschließen.
@feuerlibelle:
Die labilen Seelen, genau. Da sind tatsächlich Menschen, die sich der Kirche anvertrauen (ganz gleich, ob sie es aktiv wollen oder ob sie dort mehr oder weniger hineingewachsen sind), und die lassen sich tatsächlich durch dieses boshafte Sündenverständnis in die Ecke drängen und glauben daran, dass völlig menschliche Regungen Sünde sein können. Die machen sich dann innerlich kaputt, weil sie mit der Diskrepanz zwischen dem, was sie fühlen, und dem was ihnen vorgeschrieben wird, nicht zurechtkommen.
Ihre Sorge um das Leben des Franziskus teile ich, voll und ganz. Ich hatte nach seiner Wahl meine Zweifel, was man von ihm erwarten dürfe, und vielleicht wurde ich deshalb um so positiver überrascht. Das ist ein Papst mit Ecken und Kanten, und ich finde es plausibel, daraus den Schluss zu ziehen, dass er gefährlich lebt. Man möchte ihm raten: "Bleib weg von offenen Fenstern!" Aber es zeichnet ihn sicher auch aus, dass er genau das nicht tut. Es hat in der katholischen Welt beispielsweise für echtes Aufsehen gesorgt, dass er sich zu einem Interview mit einem Atheisten getroffen hat, und auch, was er in diesem Interview gesagt hat. Der Inhalt dieses Interviews reichte manchem Hardcore-Katholiken sicher schon zum Steinewerfen. Ich wünsche mir hingegen, dass der Mann lang genug am Leben und im Amt bleibt, um viel Gutes zu bewirken. Die katholische Kirche hat es nötiger als mancher andere Verein.
Natürlich ist die Art, wie Sie leben, nicht sündig. Warum sollte sie, Sie tun ja niemandem weh.