l e b e n s w e i s e
Mittwoch, 30. Juli 2008
Die Liebenden
feuerlibelle, Mi, 30. Jul. 2008, 14:14


ein gedicht
von
rainer maria rilke


sieh, wie sie zu einander erwachsen:
in ihren adern wird alles geist.
ihre gestalten beben wie achsen,
um die es heiß und hinreißend kreist.
dürstende, und sie bekommen zu trinken,
wache und sieh: sie bekommen zu sehn.
laß sie ineinander sinken,
um einander zu überstehn.

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Mittwoch, 11. Juni 2008
Lieben ...
feuerlibelle, Mi, 11. Jun. 2008, 12:47


ein gedicht
von
rainer maria rilke


wir saßen beide in gedanken
im weinblattdämmer -du und ich-
und über uns in duftgen ranken
versummte wo ein hummel sich.

reflexe hielten, bunte kreise,
in deinem haare flüchtig rast ...
ich sagte nichts als einmal leise:
"was du für schöne augen hast."

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Mittwoch, 28. Mai 2008
Einsamkeit
feuerlibelle, Mi, 28. Mai. 2008, 02:19


ein gedicht
von
rainer maria rilke



die einsamkeit ist wie ein regen.
sie steigt vom meer den abenden entgegen;
von ebenen, die fern sind und entlegen,
geht sie zum himmel, der sie immer hat.
und erst vom himmel fällt sie auf die stadt.

regnet hernieder in den zwitterstunden,
wenn sich nach morgen wenden alle gassen
und wenn die leiber, welche nichts gefunden,
enttäuscht und traurig von einander lassen;
und wenn menschen, die einander hassen,
in einem bett zusammen schlafen müssen:

dann geht die einsamkeit mit den flüssen...

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Sonntag, 20. April 2008
Der Frühling ist da!
feuerlibelle, So, 20. Apr. 2008, 13:53


ein gedicht
von
rainer maria rilke


frühling ist wiedergekommen. die erde
ist wie ein kind, das gedichte weiß;
viele, o viele .... für die beschwerde
langen lernens bekommt sie den preis.

streng war ihr lehrer. wir mochten das weiße
an dem barte des alten manns.
nun, wie das grüne, das blaue heiße,
dürfen wir fragen: sie kanns, sie kanns!

erde, die frei hat, du glückliche, spiele
nun mit den kindern. wir wollen dich fangen,
fröhliche erde. dem frohsten gelingts.

o, was der lehrer sie lehrte, das viele,
und was gedruckt steht in wurzeln und langen
schwierigen stämmen: sie singts, sie singts!

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Donnerstag, 3. April 2008
Das Rosen-Innere
feuerlibelle, Do, 3. Apr. 2008, 14:53


ein gedicht
von
rainer maria rilke


wo ist zu diesem innen
ein außen? auf welches weh
legt man solches linnen?
welche himmel spiegeln sich drinnen
in dem binnensee
dieser offenen rosen,
dieser sorglosen, sieh:

wie sie lose im losen
liegen, als könnte nie
eine zitternde hand sie verschütten.
sie können sich selber kaum
halten; vielen ließen
sich überfüllen und fließen
über von innenraum
in die tage, die immer
voller und voller sich schließen,
bis der ganze sommer ein zimmer
wird, ein zimmer in einem traum.

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