Der MAI gehört mir!
feuerlibelle, Mi, 1. Mai. 2013, 18:51
.
flieder
nun weiß ich noch, 's ist frühling wieder.
ich sah es nicht vor so viel nacht
und lange hatt' ich's nicht gedacht.
nun merk' ich erst, schon blüht der flieder.
wie fand ich das geheimnis wieder?
man hatte mich darum gebracht.
was hat die welt aus uns gemacht!
ich dreh' mich um, da blüht der flieder.
und danke gott, er schuf mich wieder,
indem er wiederschuf die pracht.
sie anzuschauen aufgewacht,
so bleib' ich stehn. noch blüht der flieder.
[karl kraus, 1919]
flieder
nun weiß ich noch, 's ist frühling wieder.
ich sah es nicht vor so viel nacht
und lange hatt' ich's nicht gedacht.
nun merk' ich erst, schon blüht der flieder.
wie fand ich das geheimnis wieder?
man hatte mich darum gebracht.
was hat die welt aus uns gemacht!
ich dreh' mich um, da blüht der flieder.
und danke gott, er schuf mich wieder,
indem er wiederschuf die pracht.
sie anzuschauen aufgewacht,
so bleib' ich stehn. noch blüht der flieder.
[karl kraus, 1919]
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Zur Sommerbegrüßung ...
feuerlibelle, Di, 21. Jun. 2011, 16:18
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sommerwind
ein gedicht
von
anita menger
behaglich sitz´ ich hier in diesem garten
genieß´ den leichten, warmen sommerwind.
freu´ mich an blumen, die in vielen arten
und bunten farben hier versammelt sind.
belausche vögel – suche zu entdecken
zu welchem tier wohl jener ruf gehört.
die zwei dort scheinen sich verliebt zu necken -
ein and´rer schimpft – was ihn wohl so empört?
begeistert meine blicke weiter schweifen -
ich träume einfach nur so vor mich hin.
versuche nichts bestimmtes zu begreifen
und frag´ auch nicht nach meines lebens sinn.
will diesmal nur die möglichkeit ergreifen -
um mich zu freuen – daran, dass ich bin.
sommerwind
ein gedicht
von
anita menger
behaglich sitz´ ich hier in diesem garten
genieß´ den leichten, warmen sommerwind.
freu´ mich an blumen, die in vielen arten
und bunten farben hier versammelt sind.
belausche vögel – suche zu entdecken
zu welchem tier wohl jener ruf gehört.
die zwei dort scheinen sich verliebt zu necken -
ein and´rer schimpft – was ihn wohl so empört?
begeistert meine blicke weiter schweifen -
ich träume einfach nur so vor mich hin.
versuche nichts bestimmtes zu begreifen
und frag´ auch nicht nach meines lebens sinn.
will diesmal nur die möglichkeit ergreifen -
um mich zu freuen – daran, dass ich bin.
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Will dir den Frühling zeigen
feuerlibelle, Di, 1. Mär. 2011, 19:09
ein gedicht
von
rainer maria rilke
will dir den frühling zeigen,
der hundert wunder hat.
der frühling ist waldeigen
und kommt nicht in die stadt.
nur die weit aus den kalten
gassen zu zweien gehn
und sich bei den händen halten -
dürfen ihn einmal sehn.
ein vorfrühlingsblumengruß für meine geschätzte leserschaft.... :-)
von
rainer maria rilke
will dir den frühling zeigen,
der hundert wunder hat.
der frühling ist waldeigen
und kommt nicht in die stadt.
nur die weit aus den kalten
gassen zu zweien gehn
und sich bei den händen halten -
dürfen ihn einmal sehn.
ein vorfrühlingsblumengruß für meine geschätzte leserschaft.... :-)
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Am Kamin
feuerlibelle, Fr, 10. Dez. 2010, 22:43
ein gedicht
von
felix dörmann
im ofen knistert lustig laut das feuer,
phantastisch zucken lichter hin und her,
ins spiel der flammen starrt’ ich, weltvergessen,
mich überflutet der gedanken meer.
vorüber zogen meiner kindheit tage,
so freud- und freundlos, wie bei andern kaum,
ein stumpfergebnes tragen und entsagen,
kein sorgenloser, sonnenheller traum –
und halbzerdrückt sich von den wimpern löste
wohl eine träne nach der andern leis’,
weiß nicht, ob zornes- oder sehnsuchtstränen –
doch bitter waren sie und brennend heiß.
von
felix dörmann
im ofen knistert lustig laut das feuer,
phantastisch zucken lichter hin und her,
ins spiel der flammen starrt’ ich, weltvergessen,
mich überflutet der gedanken meer.
vorüber zogen meiner kindheit tage,
so freud- und freundlos, wie bei andern kaum,
ein stumpfergebnes tragen und entsagen,
kein sorgenloser, sonnenheller traum –
und halbzerdrückt sich von den wimpern löste
wohl eine träne nach der andern leis’,
weiß nicht, ob zornes- oder sehnsuchtstränen –
doch bitter waren sie und brennend heiß.
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Ein winterliches Gedicht
feuerlibelle, Fr, 3. Dez. 2010, 23:44
von alexander puschkin
(1799-1837)
erst gestern war es, denkst du daran? es ging der tag zur neige. ein böser schneesturm da begann und brach die dürren zweige. der sturmwind blies die sterne weg, die lichter, die wir lieben. vom monde gar war nur ein fleck, ein gelber schein geblieben.
und jetzt? so schau doch hinaus: die welt ertrinkt in wonne. ein weißer teppich liegt jetzt aus. es strahlt und lacht die sonne. wohin du siehst: ganz puderweiß geschmückt sind alle felder. der bach rauscht lustig unterm eis. nur finster stehn die wälder.
(1799-1837)
erst gestern war es, denkst du daran? es ging der tag zur neige. ein böser schneesturm da begann und brach die dürren zweige. der sturmwind blies die sterne weg, die lichter, die wir lieben. vom monde gar war nur ein fleck, ein gelber schein geblieben.
und jetzt? so schau doch hinaus: die welt ertrinkt in wonne. ein weißer teppich liegt jetzt aus. es strahlt und lacht die sonne. wohin du siehst: ganz puderweiß geschmückt sind alle felder. der bach rauscht lustig unterm eis. nur finster stehn die wälder.
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Feuchtkalt macht schön
feuerlibelle, Mo, 25. Okt. 2010, 11:43
ein herbstgedicht
verdrossnen sinn im kalten herzen hegend,
reis ich verdrießlich durch die kalte welt,
zu ende geht der herbst,
ein nebel hält feuchteingehüllt die abgestorbne gegend.
die winde pfeifen, hin und her bewegend
das rote laub, das von den bäumen fällt,
es seufzt der wald, es dampft das kahle feld,
nun kommt das schlimmste noch, es regent.
heinrich heine
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Ich bin zu Hause
feuerlibelle, Di, 17. Aug. 2010, 15:00
ein gedicht
von
rainer maria rilke
ich bin zu hause zwischen tag und traum.
dort wo die kinder schläfern, heiß vom hetzen,
dort wo die alten sich zu abend setzen,
und herde glühn und hellen ihren raum.
ich bin zu hause zwischen tag und traum.
dort wo die abendglocken klar verklangen
und mädchen, vom verhallenden befangen,
sich müde stützen auf den brunnensaum.
und eine linde ist mein lieblingsbaum;
und alle sommer, welche in ihr schweigen,
rühren sich wieder in den tausend zweigen
und wachen wieder zwischen tag und traum.
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Freiraum
feuerlibelle, Fr, 23. Jul. 2010, 01:41
ein gedicht
von
erich fried
jedes mal
wenn ich jetzt an dich denke
entsteht in meinem kopf
ein freier raum
eine art vorraum zu dir
in dem sonst nichts ist
ich stelle fest
am ende jedes tages
daß viel mehr freier raum
in meinem kopf
übrig gewesen sein muß
als ich sonst glaubte
von
erich fried
jedes mal
wenn ich jetzt an dich denke
entsteht in meinem kopf
ein freier raum
eine art vorraum zu dir
in dem sonst nichts ist
ich stelle fest
am ende jedes tages
daß viel mehr freier raum
in meinem kopf
übrig gewesen sein muß
als ich sonst glaubte
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Menschen bei Nacht
feuerlibelle, Do, 10. Jun. 2010, 02:04
ein gedicht
von
rainer maria rilke
die nächte sind nicht für die menge gemacht.
von deinem nachbar trennt dich die nacht,
und du sollst ihn nicht suchen trotzdem.
und machst du nachts deine stube licht,
um menschen zu schauen ins angesicht,
so mußt du bedenken: wem.
die menschen sind furchtbar vom licht entstellt,
das von ihren gesichtern träuft,
und haben sie nachts sich zusammengesellt,
so schaust du eine wankende welt
durcheinandergehäuft.
auf ihren stirnen hat gelber schein
alle gedanken verdrängt,
in ihren blicken flackert der wein,
an ihren händen hängt
die schwere gebärde, mit der sie sich
bei ihren gesprächen verstehn;
und dabei sagen sie: ich und ich
und meinen: irgendwen.
von
rainer maria rilke
die nächte sind nicht für die menge gemacht.
von deinem nachbar trennt dich die nacht,
und du sollst ihn nicht suchen trotzdem.
und machst du nachts deine stube licht,
um menschen zu schauen ins angesicht,
so mußt du bedenken: wem.
die menschen sind furchtbar vom licht entstellt,
das von ihren gesichtern träuft,
und haben sie nachts sich zusammengesellt,
so schaust du eine wankende welt
durcheinandergehäuft.
auf ihren stirnen hat gelber schein
alle gedanken verdrängt,
in ihren blicken flackert der wein,
an ihren händen hängt
die schwere gebärde, mit der sie sich
bei ihren gesprächen verstehn;
und dabei sagen sie: ich und ich
und meinen: irgendwen.
Neujahrs Gedicht
feuerlibelle, Fr, 1. Jan. 2010, 13:22
ein gedicht
von
rainer maria rilke
wir
wollen
glauben
an
ein langes jahr,
neu,
unberührt, voll nie gewesener dinge,
voll nie getaner arbeit,
voll aufgaben,
anspruch und zumutung.
wir wollen sehen,
dass wir's nehmen lernen, ohne allzu viel fallen zu lassen
von dem
was es zu vergeben hat, an die, die notwendiges, ernstes und
großes von ihm verlangen.
von
rainer maria rilke
wir
wollen
glauben
an
ein langes jahr,
neu,
unberührt, voll nie gewesener dinge,
voll nie getaner arbeit,
voll aufgaben,
anspruch und zumutung.
wir wollen sehen,
dass wir's nehmen lernen, ohne allzu viel fallen zu lassen
von dem
was es zu vergeben hat, an die, die notwendiges, ernstes und
großes von ihm verlangen.
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